Seit Anfang Juli können deutsche Spielerinnen und Spieler Sportwettenanbieter und Online-Casinos, die im Besitz einer deutschen Lizenz sind, legal nutzen.
Laut der amtlichen White-List gibt es jedoch noch keinen für Deutschland lizenzierten Anbieter für virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Online-Casinospiele (Stand: 28.09.2021).
Dennoch tummeln sich weiterhin zahlreiche Online-Glücksspielanbieter mit einer Lizenz aus einem anderen EU-Mitgliedstaat, zum Beispiel Malta oder Zypern, auf dem deutschen Markt. Das Anbieten und die Nutzung solcher Online-Casinos ohne deutsche Lizenz ist jedoch illegal.
Vor allem die Frage, ob Verbraucherinnen und Verbraucher bei illegalem Glücksspiel Rückforderungsansprüche gegenüber dem Glücksspielanbieter geltend machen können, wird von den Gerichten nicht einheitlich beantwortet.
Wieso sind weiterhin Anbieter ohne gültige Lizenz in Deutschland aktiv?
Trotz des neuen Glücksspielstaatsvertrags und der Pflicht, eine deutsche Lizenz zu beantragen, bieten weiterhin zahlreiche Online-Casinos mit einer Lizenz aus dem EU-Ausland ihre Dienste in Deutschland an.
Diese Anbieter führen Verbraucherinnen und Verbraucher unter anderem durch unvollständige Informationen in die Irre. Somit ist es auf den ersten Blick nur schwer zu erkennen, ob es sich um ein legales oder illegales Angebot handelt:
- Betreiber verweisen zum Teil weiterhin auf Lizenzen aus anderen EU-Staaten.
- Anbieter behaupten, dass das Angebot von der Dienstleistungsfreiheit umfasst und deshalb keine deutsche Lizenz notwendig sei.
- Teilweise sind auf den Seiten der Betreiber Auslassungen zu finden, zum Beispiel: „Durch den neuen Glücksspielstaatsvertrag ist Online-Glücksspiel in Deutschland legal“. Dabei bleibt unerwähnt, dass dies gegenüber deutschen Spielern nur mit deutscher Lizenz der Fall ist.
Zuständige Aufsichtsbehörde nimmt ihre Arbeit erst Anfang 2023 auf
Ein Problem könnte sein, dass die für die Lizenzen und Überprüfung zuständige bundesweite Aufsichtsbehörde den Großteil ihrer Aufgaben erst zum 01.01.2023 übernehmen soll.
Alexander Wahl, Jurist beim Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland, zieht eine bittere Bilanz:
„Leider müssen wir in unserer täglichen Fallarbeit feststellen, dass sich seit Einführung des Glücksspielstaatsvertrags Anfang Juli nicht viel geändert hat. Die Kontrollmechanismen, die illegales Glücksspiel verhindern und Spielerinnen und Spieler besser schützen sollen, scheinen immer noch nicht richtig zu funktionieren. Bis Anfang 2023 ist die Aufsicht übergangsweise auf mehrere Bundesländer aufgeteilt. Dies widerspricht gerade der Idee einer zentralen, gemeinsamen Aufsichtsbehörde.“
OASIS-Sperrsystem erst mit Verzögerung gestartet
„Der technische Spielerschutz funktioniert ebenfalls nicht richtig. Das überarbeitete, zentrale Sperrsystem OASIS ist erst mit Verzögerung gestartet. Und auch die zentrale Limitdatei, die sicherstellen soll, dass Nutzerinnen und Nutzer nicht zu hohe Beträge verspielen sowie eine Aktivitätsdatei, die verhindern soll, dass parallel bei mehreren Anbietern gespielt wird, sind bei vielen Webseiten noch nicht eingebunden“, so Wahl weiter.
Können Verbraucherinnen und Verbraucher Rückforderungen geltend machen?
Bei jeder Form des Glücksspiels besteht ein sehr großes Risiko, dass Spielende ihren kompletten Wetteinsatz verlieren. Doch wie sieht es aus, wenn man bei einem illegalen Anbieter sein Geld verliert?
Diese Frage wird von den Gerichten bisher nicht einheitlich beantwortet.
„Für deutsche Verbraucherinnen und Verbraucher ist unklar, ob diese ihren Einsatz bei illegalem Glücksspiel zurückerhalten. Aufgrund der unklaren Rechtslage und den oftmals existenzbedrohend hohen Beträgen, besteht ein erhebliches finanzielles Risiko”, sagt Alexander Wahl.
Online-Glücksspiel in den EU-Nachbarländern zum Großteil illegal
In unseren Nachbarländern ist Glücksspiel zum Großteil verboten. Frankreich erlaubt seit 2010 nur Sport- und Pferdewetten sowie Poker. Online Casinos sind hingegen überhaupt nicht erlaubt. Bei Verstößen geht die französische Regierung unter anderem mit Netzsperren dagegen vor.
Seit April 2021 können sich niederländische Glücksspiel-Anbieter um eine Lizenz für Sportwetten, Poker, Roulette oder Blackjack bemühen. Das Angebot ist dann aber nur für Spielerinnen und Spieler aus den Niederlanden legal.
In Belgien, Luxemburg, Österreich und Polen besteht ein staatliches Monopol. Außerdem erhalten Glücksspielbetreiber nur dann eine Lizenz für Online-Glücksspiel, wenn diese bereits ein physisches Casino in dem Land betreiben.